Live at Panorama Bar Berlin (UV-Night)
Interview: Thilo Schneider.
Uncanny Valley – Bitte stellt Euch vor.
Wir sind das Label Uncanny Valley aus Dresden und wir veröffentlichen Tracks von Künstlern aus unserer Heimatstadt oder aus der näheren Umgebung. Bisher sind drei Compilation-EPs mit jeweils vier Tracks erschienen. Die vorerst letzte Compilation-EP kommt im Mai und ist ein bisschen rougher. Im Sommer starten wir dann mit Künstler-EPs.
Auf Wikipedia heißt es: „Als Uncanny Valley bezeichnet man allgemein einen empirisch messbaren, paradox erscheinenden Effekt in der Akzeptanz von dargebotenen künstlichen Figuren auf die Zuschauer.“ Was hat das genau mit Euch zu tun bzw. warum habt ihr Euch so genannt?
Uncanny Valley ist erstens ein Wink mit Augenzwinkern an unsere Heimatstadt. Dresden war in der DDR bekannt als Tal der Ahnungslosen, weil wir hier keinen West- Fernsehempfang hatten. Zweitens passt der Name, weil wir Perfektion als Ziel ablehnen. Ein bisschen Dreck schadet schließlich nie. Auch wenn der UV-Effekt in der Medienpsychologie die geringe Akzeptanz der Rezipienten bei zu viel Perfektion bezeichnet. Wir ziehen mit den Platten quasi die Lehre aus dem UV-Effekt. Drittens ist der Name auch ein Tribut an die Medienkunst. Jacob Korn, der den Begriff zum ersten Mal in den Raum warf, hatte ihn zuvor bei einem entsprechenden Symposium kennengelernt. Mit der Zeit haben wir gemerkt, dass der Name recht flexibel ist für Interpretationen. So etwas mögen wir.
Woher kennt ihr Euch alle und warum gibt es erst jetzt ein Label wie Uncanny Valley, das die ganzen Dresdener zusammen bringt? Die Tracks klingen ja erstaunlich ausgereift.
Wir kennen uns durchs Ausgehen, Plattenkaufen, Radiomachen, usw. Dresden hatte immer schon tolle Künstler, die aber Musik ausschließlich der Musik wegen machen, quasi rein aus kindlicher Begeisterung für die Töne und das Dazwischen. Viele von Ihnen dachten gar nicht an eine Vinyl-Veröffentlichung. Die machen das teilweise schon sehr lange und haben schon einige Verbesserungsprozesse hinter sich. Das konnte der Welt nicht weiter vorenthalten bleiben. Deshalb das Label. Als dann das Nachtdigital mit dem Angebot ankam, beim Festival dort den Seefloor zu bespielen, haben wir es dann durchgezogen. Noch am Festivalwochenende haben wir die Platte vom Presswerk geholt und den ersten Schwung exklusiv beim Nachtdigital verkauft.
Musikalisch seid ihr erfreulich divers aufgestellt, trotzdem passt alles gut zusammen. Ist das auch der Anspruch, den ihr an eine gelungene Clubnacht habt?
Wir konnten nie so richtig nachvollziehen, warum ein Label sich auf einen bestimmten Sound konzentriert. Ein Labelsound deckt sich nicht unbedingt mit dem konkreten Sound, sondern eher mit dem Gefühl, das die Musik auslöst und das man damit verbindet. Und ja, eine Clubnacht sollte in gewissen Grenzen abwechslungsreich sein. Wir mögen das, wenn man als Hörer auch gefordert wird. Unser Geschmack ist eben auch recht breit. Hat ja niemand was von, wenn alle nur unter sich sind. One Nation kann man auch bei verschiedenen Grooves sein.
Ist House in Dresden ein Minoritätenprogramm oder Konsens bei den Kids?
House hat es recht schwer in Dresden. Es gibt zwar schon ein paar junge Crews, die jetzt mehr House als Minimal spielen, aber die meisten Kids denken bei House immer noch an schmierigen Vocal-House. Es gibt natürlich die DJs, die schon seit fünfzehn Jahren House spielen. Die sind aber inzwischen abgeklärt genug, und lassen sich auch von einer schlecht besuchten Nacht nicht aus dem Konzept bringen. Was in Dresden fehlt, ist ein beständiger Underground- Club, der die Leute bei gutem Sound ein bisschen erzieht.
Wie kommt es, dass man seit ein paar Jahren denkt, Thüringen, Sachsen: nettes Partyvolk, musikalisch super erzogen, engagierte DJs, schöne Open Air Partys. War das schon immer so nett bei Euch und wir bekommen das jetzt erst mit oder hat sich da schon noch mal etwas entwickelt?
Wir können jetzt nur von Dresden sprechen: Hier gab es in den Neunzigern eine enorme Techno-Tradition. Nach der Jahrtausendwende ist das Ganze nach einer Menge Schließungen abgeflacht. Gefeiert wurde sicherlich immer, aber vielleicht nicht unter den besten Umständen. Seit ein paar Jahren hat sich das geändert. Die Leute reden miteinander und ziehen an einem Strang. Ein Ergebnis daraus ist Uncanny Valley. Was vielleicht auch für die anderen kleinen Techno-Zentren im Osten zutrifft, ist, dass wir hier keine Übersättigung spüren. Im Gegenteil wir müssen alle mit anpacken, um die Momente intensiv genießen zu können. Und wenn man mit Freunden etwas schafft, fühlt sich der Augenblick eben noch größer an.
Die Uncanny Valley Nacht findet am Samstag, den 7. Mai, in der Panorama Bar statt.
http://berghain.de/media/flyer/pdf/berghain-flyer-2011-05.pdf